Wie man mit nachhaltigem Kaffee Frauen in Äthiopien unterstützt

vor 6 years

Sara Nuru (28) bewirbt seit 9 Jahren als Model meistens andere Produkte – seit letztem Jahr promotet sie gemeinsam mit ihrer Schwester Sali ihr eigenes Projekt – Äthiopischen Kaffee.

Mit ihrem Business Namens nuruCoffee möchte sie der Heimat ihrer Eltern etwas zurückgeben und unterstützt mit dem Erlös äthiopische Frauen. Nicht Almosen, sondern Hilfe zur Selbsthilfe lautet dabei ihr Motto. Fräulein traf Sara zum Interview.

 

Fräulein: Es ist schon eine Weile her, dass du bei Germany’s Next Topmodel mitgemacht hast. Doch jedes Mal, wenn man etwas über dich liest, ist dein Sieg in der Castingshow von Heidi Klum, das erste das erwähnt wird. Wie sehr stört dich das?

Sara Nuru: Nein stören tut mich das nicht. Manchmal denke ich mir aber nach neun Jahren, brauch es diesen Zusatz meines Erachtens nicht. Ich kann aber nicht davon ausgehen, dass jeder weiß wer ich bin und wenn es dazu dient mich besser einordnen zu können, ist es okay.

Ergeben sich aus diesem Zusammenhang mit GMNT für dich auch Nachteile?

Grundsätzlich ist seit der Show viel Gutes passiert. Allerdings haben Castingshows einen gewissen Beigeschmack und viele haben Vorurteile demgegenüber, wodurch man automatisch in einer Schublade landet. Das ist das einzige Negative würde ich sagen. Ansonsten hatte ich viele Vorteile auf meinem Weg.

Würdest du deinem jüngeren Ich empfehlen bei einer Model-Casting-Show nochmal mitzumachen?

Unter den gleichen Bedingungen zur selben Zeit würde ich es wieder machen. Damals gab es #Metoo-Debatten ja noch gar nicht, da hat man soweit noch gar nicht gedacht. Und da mein persönlicher Werdegang dadurch erfolgreich war, ist die Antwort Ja.

 Seit letztem Jahr bist du Unternehmerin eines nachhaltigen Kaffee-Labels – nuruCoffee. Was unterscheidet deinen Kaffee von anderen Sorten? 

Meiner Meinung nach ist es unser Ansatz, der sich unterscheidet. Ich habe das Gefühl es gibt zwei Arten von Kaffeeherstellern. Die Kommerziellen, wo es billig sein muss oder seit neuestem diese ganzen Hippster-Kaffees, die Kaffee zu einer Wissenschaft erklären.

Wir sehen uns genau in der Mitte. Auf der einen Seite sind wir der Meinung, dass auch der kommerzielle Kaffee gut schmecken darf, auf der anderen Seite wollen wir aufklären. In der Regel ist es so, dass der Kaffee nach Hamburg kommt und sich die meisten erst ab hier mit der Röstung etc. beschäftigen. Wir fangen bei der Wurzel an, beim Baumsetzling bis zur Tasse. Wir gucken uns also die gesamte Wertschöpfungskette an und wollen bewusst machen wie viel Arbeit hinter jeder Tassee Kaffee steckt – das wissen die wenigsten. Zusätzlich unterstützen wir mit dem Erlös Frauenprojekte in Äthiopien.

Wie genau sieht eure Unterstützung aus?

Dadurch, dass wir regelmäßig nach Äthiopien fliegen um unseren Kaffee auszusuchen, ist uns aufgefallen, dass die Kaffeeernte für viele Bauern und Bäuerinnen, die einzige Einnahmequelle ist und die ist nur zwischen sechs und acht Wochen im Jahr. Abgesehen davon haben sie keine Einnahmen. Seit neun Jahren habe ich ja bereits Erfahrung im Bereich der Entwicklungshilfe und bin dort auf das Konzept des Mikrokredits gestoßen und finde den Impact sehr toll – das heißt aus eigener Kraft heraus, in dem man den Frauen ein Kapital gibt, können sie sich, unabhängig von dem Kaffee, etwas aufbauen.

Mit der finanziellen Unterstützung ist es ja häufig nicht getan….

Natürlich geben wir ihnen nicht nur den Kredit und sind dann sich selbst überlassen. Es ist so: Frauen bewerben sich um einen Kredit und werden dann auch mit Hilfe einer lokalen Organisation, mit der wir zusammenarbeiten, ausgebildet. Anfangs sieht das so aus, dass sie erst einmal lernen ein Gespür fürs Sparen zu bekommen und über einen Zeitraum von vier Monaten etwas Geld zur Seite legen bis sie 100 Birr, umgerechnet etwa fünf Euro, gespart haben. Das ist für sie schon viel, weil sie kaum Geld zum Leben haben. Außerdem werden sie in einfacher Buchführung geschult, verschiedenen Businessmodellen oder Rückfinanzierung. Allerdings müssen sie den Kredit nicht an uns zurückzahlen, das Geld fließt in eine Association, die die Frauen selbst gründen. Dort wird dann das Geld verwaltet und die Rückzahlungen dokumentiert. In der Regel zahlen sie das Geld innerhalb von 24 Monaten zurück.

Die Frauen haben viel mehr an Selbstwert durch ihre Arbeit gewonnen und waren für ihre Männer viel attraktiver.

Um unser Projekt vorzustellen gingen wir in die Communities, um mit den Menschen vor Ort zu sprechen. Anfangs waren einige äthiopische Männer nicht begeistert, weil sie es unfair fanden von den Krediten ausgeschlossen zu sein. In einer Diskussionsrunde sagte dann aber einer der Männer, Frauen können eben besser mit dem Geld umgehen. Die meisten Ehemänner haben schnell den Mehrwert für die gesamte Familie erkannt, als sie gesehen haben, wie tüchtig die Frauen waren und zum Beispiel, von dem Erlös ihrer Geschäfte, Schulsachen für die Kinder kaufen konnten. Plötzlich war der Mann nicht mehr der einzige, der Geld nach Hause brachte. Die Frauen haben viel mehr an Selbstwert durch ihre Arbeit gewonnen und waren für ihre Männer viel attraktiver. Manche Männer sind sogar bei ihren Frauen angestellt. Das ist sehr schön zu sehen, weil wir den Status der Frau mitverändern. Ich glaube in Deutschland sind wir teilweise noch nicht so weit. Das gibt es hier noch sehr selten, dass der Mann den Job aufgibt um die Frau zu unterstützen – schon allein deshalb, weil der Mann meistens immer noch mehr verdient.

Wie vielen Frauen konntet ihr schon helfen?

Bis jetzt konnten wir 25 Frauen mit dem Erlös des ersten Jahres von nuruCoffee unterstützen. Da sind wir sehr stolz drauf, weil das bedeutet, dass Menschen unsere Idee und unser Produkt gut finden. Wir arbeiten auch mittlerweile mit Marken wie L.O.V Cosmetics zusammen, die unsere Idee finanziell unterstützen. Deshalb haben Sali und ich jetzt auch die nuruWomen e.V. gegründet, damit wir über nuruCoffee hinaus mehr finanzielle Möglichkeiten haben Frauenprojekte zu unterstützen.

Am meisten sind wir stolz darauf, Äthiopien nicht aus der Perspektive der Bedürftigkeit zu zeigen. Die wenigsten wissen, dass Äthiopien das Ursprungsland des Kaffees ist und wir wollen darüber, dass wir auf Augenhöhe mit den Menschen dort arbeiten und Aufmerksamkeit für ein tolles Produkt schaffen.

Wie wichtig ist euch die Wirtschaftlichkeit von nuruCoffee?

Wir sehen uns als Social Business. Auf der einen Seite wollen wir wirtschaftlich tragbar sein und wachsen, auf der anderen Seite wollen wir etwas zurückgeben. Dadurch, dadurch dass ich neben nuruCoffee, auch noch als Model arbeite sind wir finanziell unabhängiger und können mit dem Erlös von nuruCoffee Frauen unterstützen.

Was hast du so für Pläne für die Zukunft?

Das Gute ist, dass seit der Gründung von nuruCoffe, dass viele Firmen aus der Modelbranche auf mich zukommen, die diesen unternehmerischen Aspekt ganz spannend finden und auch deshalb mit mir arbeiten wollen. Zum Beispiel habe ich mit L.O.V. Cosmetics zusammen ein Rouge kreirt, von dessen Erlös jeweils drei Euro in die nuruWomen e.V. fließen. In Zukunft möchte ich genau das ausarbeiten – Partner finden, die den Ansatz gut finden Frauen zu unterstützen. Darum habe ich mich auch entschieden, die Kampagne #shemovesmountains von The North Face zu unterstützen.

Interview: Miriam Galler

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