ARTIII – Für das Grundrecht auf Gleichheit

vor 8 years

Mit dem Projekt ARTIII hat der Autor und Blogger Fabian Hart zusammen mit angehenden Modejournalisten und Modejournalistinnen ein T-Shirt entworfen, das für das Grundrecht auf Gleichheit aufmerksam macht.

Es fühlt sich an, als stünde die Welt Kopf. Man wacht morgens auf und fürchtet auf sein Telefon zu schauen, aus Angst vor den Nachrichten, die erneut von rechten Taten und Gedankengut berichten. Das ist die Gegenwart. So wie im Juni diesen Jahres, als Omar Mateen in einen LGBTQ-Club in Orlando stürmte, eine Waffe auf die Besucher richtete und dabei 49 Menschen tötete. Ein Gefühl der Ohnmacht erreichte uns auf der ganzen Welt.

Diese Tat bewegte den Autor, Blogger und Dozenten Fabian Hart dazu, ein Projekt zu entwickeln, das zu Solidarität ermahnt und zudem eine klare Stellung bezieht. Die Frage, die sich dabei stellte: Wie kann man durch Mode für Gleichberechtigung und Akzeptanz sensibilisieren? Zusammen mit Studenten und Studentinnen der AMD Hamburg entstand so die Idee zu ARTIII, ein Solidaritäts-T-Shirt, das sich auf den Artikel 3 unseres deutschen Grundgesetzes bezieht. Mit ARTIII wird Mode zum Sprachrohr, mit einer politischen Botschaft. Nicht intellektualisiert, sondern zugänglich und als Ausdrucksmittel für die Menschen auf der Straße. Die Gesichter der Kampagne sind Berliner Persönlichkeiten, wie Nike van Dinther von This Is Jane Wayne, Mary Scherpe von Stil in Berlin, Schauspieler Clemens Schick und Indie– und Material-Girl-Herausgeberin Kira Stachowitsch. Die Shirts sind seit gestern in limitierter Auflage für 40 Euro unter artdrei.bigcartel.com erhältlich. Die Einnahmen gehen an  Basis und Woge, ein gemeinnütziger Verein, der sich jungen Menschen widmet, die aufgrund ihrer Sexualität, Hautfarbe oder Religion diskriminiert werden. Ein kurzes Interview mit Fabian Hart über ein kleines Projekt, das Großes bewegt.

Mit dem Projekt ARTIII macht ihr auf eines der wichtigsten, deutschen Grundgesetze aufmerksam und ermahnt zu mehr Solidarität. Wie war die Dynamik im Kurs während der Projektkonzeption und Umsetzung? Konnte man eine besondere Stimmung spüren, die vielleicht auch dazu beigetragen hat, dass die Studenten und Studentinnen ein Stück weit näher zusammengewachsen sind?
Im Juni, am Tag nach dem Massaker von Orlando, rief mich Pola Fendel von der KLEIDEREI an und wir haben uns lange darüber unterhalten, wie man im Kontext Mode Solidarität ausdrücken und gleichzeitig Position einnehmen kann, statt einfach nur Pose – ohne dabei platt einen PR-Text zu verkaufen. Ich habe noch in derselben Woche das Thema in meinem Kurs Modejournalismus und Social Media aufgegriffen. Zunächst war das Feedback verhalten, aber nicht aus Desinteresse, sondern aus einer Ohnmacht heraus, nichts gegen Terror und darauf folgende Mechanismen wie Angst und Feindbild-Suche unternehmen zu können.  Als ich die Idee eines Solidaritäts-T-Shirts vorschlug, waren alle sofort dabei und auch froh, nicht nichts zu tun.

Inwiefern war es hilfreich für das Projekt, mit einem ganzen Kurs von angehender Modejournalisten / -journalistinnen zusammenzuarbeiten?
Ich habe in den letzten Wochen nicht mit Studierenden zusammengearbeitet, sondern mit einem Start-Up, also jungen Leuten, die eine Marke gegründet haben – so hat es sich angefühlt. Und die Dozenten-Studierenden-Rollen haben sich auch weitestgehend aufgelöst. Wir haben sehr gut als Team funktioniert: vom  Schriftzug über die Pressemitteilung und Anfragemanöver bezüglich Fotografen und Protagonisten bis hin zur Anfrage der T-Shirts, die uns kleine, lokale Unternehmen (Glore Hamburg und Marlowe Nature) sponserten.

In diesen Tagen sieht man vermehrt Kleidungsstücke mit gesellschaftskritischen und politischen Botschaften, sei es eine feministische Message wie „The Future is Female“ oder ein politisches Anti-Trump Statement. Mode ist so politisch wie schon lange nicht mehr. Denkst du, dass die Modeindustrie heute mehr denn je die Aufgabe hat, für das Geschehen in unserer Gesellschaft zu sensibilisieren?
Wir werden täglich überrollt von Content, der eigentlich nur Traffic abgreifen soll, scrollen Kilometer mit unseren Daumen, aber es bleibt so selten etwas hängen. Ich wünsche mir generell mehr Nachhall und die Mode sollte ihren Teil dazu beitragen. Dass sie nicht nur Kleidung ist, sondern eben auch Ausdrucksmedium, ist nicht erst seit „Girl Gang“ T-Shirts bekannt. Nichts mehr ist nicht politisch. Man muss eben sehen, wie in allen Bereichen unseres heutigen Lebens, unter welchen Umständen ein Produkt entsteht, woher es kommt. Wenn ein High Street Label T-Shirts mit „Female Empowerment“-Prints herstellt und gleichzeitig unter schlechten Produktionsbedingungen Frauen ausbeutet und vielleicht noch das Logo eines Indie-Labels kopiert, dann ist die Botschaft auf dem T-Shirt zur Lüge verkommen. Wichtiger als das, was darauf steht, ist worum es wirklich geht. Ist die Botschaft nur trendy oder für mich selbst relevant? Bin ich wertvoll, weil ich das derzeit coolste T-Shirt trage oder steht das T-Shirt für einen Wert, den ich verkörpere? Fragen wie diese stellen übrigens gerade auch die Luxusmode auf den Kopf.

Es ist ein spannendes und wichtiges Projekt, das sehr viel Potenzial hat, etwas Großes zu bewegen. Inwieweit  kannst du dir vorstellen ARTIII weiter zu verfolgen bzw. darauf aufzubauen?
Wir sind seit einem Tag online und haben nicht damit gerechnet, dass wir so schnell abverkaufen. Es gibt Überlegungen, das Projekt weiter auszubauen, noch mehr T-Shirts besticken zu lassen. Aber das bespreche ich mit dem Kurs in den nächsten Tagen und dann stimmen wir gemeinsam ab.

Beitrag: Alina Amato
Fotos der Protagonisten: Marlen Stahlhuth
Gruppenbild AMD: Roman Rätzke

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