Die amerikanische Sängerin und Schauspielerin wird heute 73 Jahre alt.
Happy Birthday, Liza Minnelli!
“Reality is something you rise above.” Sich die Welt schönreden, um das Glitzern in ihren eigenen Augen nicht zu verlieren, alleine dafür könnte Liza Minnelli einen Oscar gewinnen. Die Sängerin erlebte unzählige Höhen und Tiefen, zuerst einmal durch ihre Mutter Judy Garland, und anschließend selber im Laufe ihrer Karriere. Realität ist ein Spielfeld, in dem sich das Individuum dann nicht mehr bewegen möchte, dem es absolut entkommen will. Die Essenz des Künstlerseins beruht in gewisser Weise auch auf die ständige Flucht in eine nur momentane Gewissheit des Rampenlichts, die danach jedoch viel Freiraum für Misserfolge lässt.
Liza Minnelli ist in der heutigen Popkultur für ihre Kurzhaarfrisur und eine gewisse Form von Showbiz-Optimismus bekannt. Und für ihren Auftritt in Sex and The City 2 im Jahr 2010 und bei dem Beyoncé-Klassiker „All the Single Ladies“, ihre schlanken Beine unter einem Paillettenhemd wie die einer jungen Frau bewegend.
Die Tochter von Judy Garland und Vincent Minnelli wirkte wie prädestiniert für das 21:9 Format. 1946 in eine amerikanische Show-Business Familie reingeboren, als Tochter eines Regisseurs – dem grand maître des Musical-Genres – und einer Schauspielerin und Sängerin, war die Kindheit Minnellis von den Erfolgen ihrer Familie geprägt. Es folgen auf nicht vermeidbare Weise ihr erster Kamera-Auftritt im Alter von drei Jahren im Film In the Good Old Summer Time im Schatten ihrer Mutter in der Hauptrolle. Die Scheidung ihrer Eltern im Jahr 1951 führt zu neuen Ehen, mit Halbgeschwistern für die junge Liza. Ein tanzendes und singendes Duo mit Gene Kelly propulsiert die 13-jährige auf die kleinen Bildschirme der Wohnzimmer tausender Zuschauer. Sie wird aber auch die einzige Stütze für ihre Mutter, die bereits seit vielen Jahren ihre Sorgen in Alkohol und Drogen ertränkt. Mit 16 bricht sie die Schule ab und zieht alleine nach New York.
Auf eigenen Füßen
Ihrem Nachnamen kann die junge Frau einen Teil ihres Erfolges zuschreiben, obwohl sich ihre Eltern ganz offensichtlich nicht an der Karriere ihrer Tochter beteiligen. Die Show Best Foot Forward versichert ihr die Produktion eines ersten Albums. Erfolg in Form der höchsten Auszeichnungen prägen in den 60er Jahren Minnellis Karriere. Mit 19 Jahren wird sie als jüngste Schauspielerin in der Geschichte mit dem Tony Award belohnt. Ausverkaufte Tournees, eine erste Ehe, eine erste Hauptrolle in einem Kinofilm – Charlie Bubbles, 1967. Der Tod ihrer Mutter an einer Überdosis Antidepressiva 1969 im Alter von 47 Jahren wirft sie nicht lange aus der Bahn. Die Flucht in die Musik und Schauspielerei lenkt sie von dieser Tragödie ab. Sie ergattert 1972 die Rolle der Sally Bowles in der filmischen Adaptation des Musicals Cabaret. Es folgen ein Oscar und ein Golden Globe, sowie mehrere neue Alben, darunter auch The Singer und Liza with a Z. Die TV-Schau zu letzterem sichert ihr einen Emmy-Award.
Wechselhafter Glanz
Nur wenige Menschen können von sich behaupten, eine derartige Anzahl an Preisen gesammelt zu haben. Minnelli ist jetzt Teil eines exklusiven Kreises. Filme wie Lucky Lady (1975) und Nina (1976) veranlassen aber harte Kritik gegen ihren Schauspielstil. Sie findet in New York, New York (1977) von Martin Scorsese an der Seite von Robert de Niro eine Aufstiegschance. Der Film ist kein Erfolg, seinen Titelsong kennt bis heute jeder ehemalige Schüler, der einmal pro Woche abends am Paartanz-Unterricht teilnahm. Dabei ist es heute jedoch hauptsächlich Frank Sinatras Stimme, die unsichere Slowfox-Trot Schritte begleitet. Der Sänger übernahm den Song tatsächlich zwei Jahre nach Erscheinen des Films. Mit Arthur (1981) wirft sich die Sängerin wieder in das Tournee- und Bühnenleben. Sie performt mit Frank Sinatra an ihrer Seite und bringt sich mit dem Lied Losing My Mind 1989 wieder an die Spitze der Charts. Charles Aznavour begleitet sie auf die Bühne des Pariser Palais des Congrès, sie ersetzt im letzten Moment Julie Andrews im Musical Victor/Victoria.
Nach einer von der Presse ausgiebig mediatisierten Hirnentzündung im Jahr 2000 erlebt Minnellis Karriere 2002 durch eine neue Ehe mit dem Konzertproduzenten David Gest ein neues Hoch. Mit der Show Liza’s Back erfolgt ihr Bühnen-Comeback, das Paar lässt sich jedoch 2007 scheiden. Heute unterstützt die Künstlerin mehrere Charity-Projekte, darunter auch Programme, die zur Recherche von HIV und AIDS beitragen.
Liza Minnellis Geschichte ist die einer jungen Frau, die Pailletten und die professionelle Dürre einer negativen Mediatisierung nur zu gut gekannt hat. Zwischen Partymaus, “Tochter von…” und emblematischer Figur, haftet ihr Bild einer kurzhaarigen Frau mit frechem Lächeln bis in die heutige Kultur. Es handelt sich aber auch um eine Frau, die vier Mal vor dem Altar ja sagte, worauf immer eine Scheidung folgte. Einer Frau, die mit ihrem dritten Mann vergebens versuchte schwanger zu werden und massiv unter mehreren Fehlgeburten litt. Realität ist demnach eine Notion, zu der sie sich eine gewisse Distanz schaffen musste, worüber sie hinausgestiegen ist. Und damit brachte, und bringt sie heute immer noch, nicht nur sich selber zum Träumen.
Text: Juliane Clüsener-Godt
Bild: Wikipedia & Instagram/officiallizaminelli
Video: Youtube