Im Interview: Mona Kuhn

vor 5 years

“Meine Arbeit ist nachdenklich, ruhig und reflektiert”.

Wir haben uns mit Mona Kuhn über ihre aktuelle Arbeit, Spiritualität und über Fotografie als ein schnelllebiges Medium unterhalten.

Q: Deine aktuelle Arbeit heißt “She Disappeared into Complete Silence”. Was bedeutet Ruhe für dich und wo findest du sie?

MK: Der Titel für die Arbeit entstand während eines Gesprächs mit Salvador Nadales, dem Maler und Kuratoren am Reina Sofia Museum. Er hat auch die dazugehörigen Texte im Buch geschrieben. Wenn man in der Wüste ist kann man der stressigen und lauten Umwelt in der wir leben, entfliehen. Man betritt eine Parallelwelt voll meditativer Ruhe. In Bezug auf die Kreativität war ich interessiert an der Wechselwirkung von Ruhe und abstrakten Gedanken. Aber ich möchte zunächst die Arbeit erklären. Ich habe in dieser Serie im Joshua Tree National Park, also in der kalifornischen Wüste, die modernen Strukturen der architektonischen Silhouetten und Lichtreflektionen fotografiert und dabei einzelnen Bereiche miteinander ausbalanciert. Die menschlichen Abbildungen wirken surreal, fragmentiert und undeutlich. Die Fassaden der Gebäude dienten mir als verlängerte Linse meiner Kamera.
Hierbei war meine künstlerische Intention den Körper in Abstraktion und Licht zu hüllen. Eine Gestalt, die allein in der Wüste steht, umgeben von einer modernen Glasstruktur, verschwindet in den Reflektionen und verwandelt damit Licht auf eine metaphysische Ebene. Schlussendlich wird also ein ruhiger Ort geschaffen an dem unsere Gedanken zur Ruhe kommen können.

Q: Eine deiner vorherigen Serien hieß “Private”. Was bleibt deiner Ansicht nach heutzutage noch privat, wenn man doch soviel über sich durch die sozialen Medien preisgibt?

MK: Die letzte Serie “Private” war für mich eine sehr private und selbstbeobachtende Serie, die ich sehr sorgfältig ausgesucht habe und bei der ich die visuelle Sprache der Spiritualität und Vergänglichkeit zum Ausdruck bringen wollte. Nach und nach werden die Bilder immer intimer, fast so wie eine Konversation, die man mit einem engen Freund führen würde, aber niemand anderem. In diesem Sinne ist es das komplette Gegenteil von sozialen Medien. Es ist wie eine tiefe, innere Konversation, die mittels Visualität zum Ausdruck gekommen ist.

Q: Verführung ist ein großer Teil deiner Arbeit. Kannst du dahingehend eine Veränderung in der heutigen Zeit erkennen?

MK: Der Mensch ist ein essentieller Bestandteil meiner Arbeit. Ich bin interessiert daran wer wir sind und an unserer Präsenz als Lebewesen. Ich würde meine Arbeit nicht als sexuell bezeichnen, sondern viel mehr als nachdenklich, ruhig und reflektiert. Meine besten Arbeiten entstehen dann, wenn Leute vergessen, dass sie nackt sind. Aber ich selbst wurde auch schon von er Fotografie verführt, da es so ein schnelllebiges Medium ist. Das ist es auch was mich an der Fotografie nicht loslässt: die Schnelligkeit.
Die Aktbilder sind also eigentlich daraus entstanden, dass ich die Definition von Zeit und Ort hinterfragen wollte. Ich begann den Körper als gewöhnliches und vereinendes Element zu sehen, das uns zusammenbringt. Ich möchte damit sagen, dass wir nicht aus unserem Körper fliehen können oder aus unserem eigenen Schatten springen können. Es ist also etwas, das uns ausmacht und eben das fasziniert mich daran.

Q: Inwieweit beeinflusst dein persönliches Leben deine Arbeit?

MK: Jeder Teil meiner Arbeit ist direkt von meinem Lebens inspiriert. Es gibt keine Unterteilung zwischen ihnen, sie sind eins.

Q: Was ist die nächste visuelle Reise auf die wir uns freuen können?

MK: Erst kürzlich versuchte ich die Grenzen der eingerahmten Fotografie, so wie man sie kennt, zu erweitern. Ich habe viel über bestimmte Fragen nachgedacht: Könnte eine Ausstellung übersetzt werden in eine hybride Schnittstelle, die sowohl einen Zugang in die Oberfläche, als auch in die sensorische Tiefe zulässt? Auf dieser Frage aufbauend kreierte ich eine umfassende Installation, die “Mona Kuhn: Experimental” heißt. Sie ermöglicht den Betrachtern ein allumfassendes Erlebnis, indem man sie auffordert die Arbeit auch in physischer Form zu betreten. Also mehr wie ein Teilnehmer und weniger wie ein Betrachter. Denn sobald man diesen ersten Raum betritt, realisiert man, dass man selber zu “dem Körper” in der Ausstellung wird. Um das von Carl Jung aufgeführte Unterbewusste als einen zentralen Punkt zu verwenden, lege ich das Widersprüchliche zwischen innen und außen, dem bekannten und unbekannten dar und erschaffe Berührungspunkte zwischen dem spirituellen und dem körperlichen Raum. Die erste Installation fand in einem Kaufhaus mit dem Namen “The Fruit” statt. “The Fruit” ist ein Künstler Kunst- und Performance Space direkt neben der Duke University in North Carolina. Als nächstes werde ich die Hybrid Installation in Vancouver präsentieren.

 

Interview: Juliane Clüsener-Godt
Bilder: Mona Kuhn

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