Musik: Cyber-Alma on fire

vor 4 years

Am vergangenen Freitag nahm die finnische Musikerin einen kleinen Kreis an Journalisten auf eine virtuelle Reise durch ihr neues Debütalbum Have U Seen Her? FRÄULEIN’s Impressionen.

 

Zwischen glühenden Pilzen und Kakteen, pinkem Nebel und hohen Steinfelsen versuche ich meinen Avatar zu finden. Doch obwohl ich ihn gerade tanzen lasse, kann ich ihn nicht finden, es sind einfach zu viele. Wie dieses Meer, das an eine Gorillaz-Kulisse erinnert, wohl für Alma gleich aussehen wird? Für einen Augenblick hätte ich gern ihre Perspektive. Auf meiner Suche werde ich abgelenkt von Nachrichten aus dem Live-Chat: „Mein Bild ist recht unscharf“, beschwert sich ein Journalist. „Vielleicht liegt es an den Pilzen“, antwortet ein anderer. Ich lache Tränen. Wie das ganze wohl auf LSD aussehen würde?
Es sind noch 8 Minuten bis zum Beginn des virtuellen Konzerts von Alma, unterstützt vom Außenministerium Finnlands und der Stadt Helsinki. Meine Erwartungen sind offen gesprochen recht niedrig, ich halte wenig von virtuellen Konzerten, Museumstouren oder ähnlichen Veranstaltungen, aber warum es nicht noch einmal probieren. Umso mehr  halte ich dafür von dem riesigen Talent der 24-jährigen Musikerin und Songwriterin. Mit ihrer Power-Stimme, ihren Songs, ihren ehrlichen Lyrics und ihrem Mega-Look – besonders geprägt von ihren knallgrünen Haaren – steht Alma für eine neue Welle von Frauen-Power. In ihren Songs spricht sie über Frauenrechte, Körperpositivität, Sexualität, Depressionen, Ängsten und Drogenkonsum. Nicht, dass das etwas völlig Neues ist, aber es ist genau das, was wir momentan brauchen, sowohl in der Musik- als auch in der Modebranche. Eine weibliche Stimme, die authentisch und hochtalentiert ist, die nicht versucht, irgendwelche amerikanischen Musikbusiness-Produkte zu kopieren, weder vom Look noch vom Sound.
Gerade schreibt jemand aus dem Außenministerium: „Wusstet ihr, dass Alma’s Karriere mit einem Hip Hop Camp aus Finnland begann?“ Ihre populärsten Songs sind Phases (ft. French Montana) und Chasing Highs.“ Dieser Austausch gefällt mir. Dann geht es los. Tanzende Pilze und Kakteen richten sich auf die Bühne, auf der Alma mit ihren grünen Haaren (heute mal etwas weniger knallig), im schwarzen Sakko, schwarzer Lederhose und schwarzen Plateau-Sneakern erscheint. Selbst in ihrem Look clasht Cyper-Pop auf Goth, Punk auf Hip Hop, genau so wie in ihrer Musik. Ich lasse meinen Avatar wachsen und tanzen, was ich beschmunzeln muss aber zur gleichen Zeit einfach genial finde. Ihre Performance ist wieder einmal beeindruckend, ihre Power und ihr Gefühl spüre ich auch durch meinen Bildschirm – der könnte allerdings definitiv größer sein und leider ist mein Sound nicht der beste, aber für den Anfang ist das alles schon mehr als akzeptabel. Die virtuellen Traumwelten, durch die wir zwischenzeitig schweben, sind übrigens von Alma’s Kindheit in Helsinki inspiriert. Das Design stammt von einem VR-Studio namens Zoan. „Technisch sind die Finnen weit vorne“, schreibt jemand im Live-Chat. Dann leistet der Finnin Tove to Lo aus LA virtuelle Gesellschaft, um gemeinsam ihren Track Worst Behaviour zu performen. Das Konzert-Ende ist leider recht abrupt, könnten unsere Avatars nur „Zugabe“ rufen. Beim nächsten Mal dann hoffentlich.
Am 25. Juni veröffentlicht die Pop-Punk Queen übrigens ihre 3-Track Have U Seen Her? Acoustic EP.
Sie wird die schon veröffentlichten Albumtracks LA Money, Stay All Night und Bad News Baby als überarbeitete Akustikversionen featuren. Das Konzert ist derzeit als einfacher Stream übrigens hier zu sehen.

 Und wer sie hier noch nicht entdeckt hat: Alma hat für Fräulein eine ganz persönliche Playlist zusammengestellt, mit Songs, die sie in ihrem Leben besonders beeinflusst haben, tune in now.

 

 

 

Text: Sina Braetz

Bild: PR

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