So stell’ ich mir die Liebe vor: Natalia Avelon

vor 7 years

Ihre bisher größte Rolle spielte die deutsch-polnische Schauspielerin und Sängerin Natalia Avelon in dem Film Das wilde Leben als Uschi Obermeier, die Sex-Ikone der 68er Jahre. Mit dem Lebensstil der freien Liebe kann sich die 37-Jährige allerdings bis heute nicht identifizieren.

Bedingungslose, pure Liebe kann es wohl nicht genug geben.

Fräulein: Natalia, als wir von dir wissen wollten, was für dich die Liebe darstellt, sagtest du: ein Shot Wodka. Welche Art der Liebe meinst du damit?

Die leidenschaftlichen Liebe, die einem durch alle Sinne schießt und um den Verstand bringt! Die bedingungslose Liebe, die an keine Erwartungen gebunden ist. Die Art von Liebe, die einem geschenkt wird, genau weil man so ist, wie man ist – mit alle seinen Vorzügen, aber eben auch mit all den kleinen und großen Kratzern, Narben und Macken. Liebe ohne den Anspruch an Perfektion ist für mich die schönste Art von Liebe. Weil sie mir das Gefühl von „Zuhause“ gibt. Von Schutz und Sicherheit.

Kann zu viel Liebe auch schaden?

Bedingungslose, pure Liebe kann es wohl nicht genug geben. Liebe, die gibt, die glücklich macht, einen wachsen lässt. Sobald das Gefühl jedoch irgendwie aus dem Gleichgewicht gerät, zum Beispiel wenn Erwartungen hinzukommen, Besitzanspruch, Eifersucht oder wenn Liebe fanatisch wird, dann kann sie schnell zu einer zerstörenden Kraft mutieren. In diesen Fällen würde ich von „zu viel“ sprechen.

Woher weiß man, wie beim Wodka trinken, wann genug ist? 

Es gibt den einen gewissen Moment, den man nicht überschreiten sollte. Beim Trinken kann es dieser eine kleine Shot zu viel sein, nach dem man anfängt, sich miserabel zu fühlen oder andere zu verletzen, etwas tut oder sagt, was man später bereut. In der Liebe entgleitet uns die Balance, wenn wir anfangen unser Gegenüber in seiner persönlichen Freiheit einzuschränken. Wie auch immer diese Freiheit definiert sein mag.

Gibt es eine besonders schöne oder schmerzvolle Liebesgeschichte aus deinem Leben, die du mit uns teilen würdest? 

Den schönsten Satz sagte einmal ein Ex-Partner zu mir, der weiß, dass ich immer Probleme mit meiner Haut habe und deshalb meistens geschminkt bin. Er sagte: „Natalia, morgens finde ich dich am schönsten. Weil du so pur bist“. Das war die schönste Liebeserklärung an mich. Das Schmerzvollste für mich, ist es jemanden gehen lassen zu müssen. Sei es ein Abschied durch Tod oder durch Trennung. Ich mag keine Abschiede. Sie töten immer einen kleinen Teil von mir ab.

Daher der Titel deines neues Albums: Love Kills

Ja. Das Album ist autobiografisch und setzt sich mit Emotionen auseinander, die ich in den letzten Jahren erfahren habe. Abschiede, Trennungen, Leidenschaft, heiße, wilde Liebe, Konfrontationen mit Wahrheiten, alles Erlebnisse, die so stark waren, dass sie mich glücklich oder todunglücklich gemacht haben, wie man so schön sagt. Love Kills sollte beide Kräfte des Lebens vereinen: Liebe und den metaphorischen Tod des Gefühls, der durch negative Erfahrungen eintritt.

In Das wilde Leben hast du Uschi Obermaier gespielt, die Verfechterin der sexuellen Revolution in der 68-Bewegung. Was hältst du von dem Konzept der freien Liebe? Ist es wieder in und Monogamie out?  

Ich stelle mir diese Frage immer wieder und muss feststellen, dass ich noch zu egoistisch bin, um einen Partner teilen zu können. Es würde mich verletzen, mein Selbstwertgefühl ankratzen und mich „nicht (gut) genug“ fühlen lassen. Ich wäre nicht glücklich und somit kommt die freie Liebe für mich momentan nicht in Frage. Wenn ich jemanden liebe, habe ich in ihm alles, was ich zum Glücklich sein brauche.

Wieso brauchst du Liebe? Was gibt sie dir?

Liebe ist für mich die treibende Kraft in meinem Leben. Es macht mich glücklich, Liebe zu schenken. Meiner Familie, einem Partner, Freunden, fremden Menschen durch eine nette Geste, ein Lächeln. Liebe ist für mich Gott. Und wenn ich sage Love Kills meine ich damit nicht, dass Gott tötet, sondern spreche die Dualität der Liebe an. Liebe schenkt, Liebe nimmt, Liebe bereichert und „tötet“ manchmal eben auch gewisse Teile in einem ab.

Interview: Margarita Dreiling

Fotografie

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