Wie das Gesundheitssystem viele Trans-Personen im Stich lässt.
Wie das Gesundheitssystem viele Trans-Personen im Stich lässt.
Es kann schwierig sein, die Kosten einer Geschlechtsumwandlung abzudecken, nahezu unmöglich, wenn man die Diskriminierung am Arbeitsplatz und die instabilen finanziellen Verhältnisse bedenkt, unter denen Trans-Personen leiden. Und bis (bzw. wenn) die Krankenkasse eine Kostenübernahme genehmigt, vergehen Monate, wenn nicht sogar Jahre. Um sich also so schnell wie möglich umwandeln lassen zu können, wenden sich immer mehr Trans-Leute an ihre Online-Community. Unter dem Hashtag #TransCrowdFund sammeln sie auf Plattformen wie ‚Kickstarter‘ oder ‚GoFundMe‘ Spenden für ihre Operationen.
Während einige Trans-Patienten sich überhaupt nicht operieren lassen, kann die Umwandlung bei anderen die Symptome einer Geschlechtsdysphorie lindern und sogar Leben retten – Studien haben ergeben, dass fast die Hälfte der Trans-Jugendlichen Selbstmordversuche unternimmt. Diejenigen, die sich mit Crowdfunding bei der Finanzierung ihrer geschlechtsangleichenden Operationen helfen, hoffen damit ihre Umwandlung beginnen oder endlich abschließen zu können.
Insbesondere in Großbritannien und den USA zeigt sich der ‚Trend‘ deutlich. Da die Krankenversicherung in den Staaten hauptsächlich über den Arbeitsplatz gewährleistet wird, haben viele Trans-Menschen keine andere Wahl, als für ihre Operationen selbst aufzukommen: Denn in der Berufswelt nicht diskriminiert zu werden, ist für Menschen wie sie selten. Dass Präsident Trump dazu noch Transgender vom Militärdienst ausgeschlossen hat, ist ein weiterer Schlag. Auch in Großbritannien gibt es keine klassische Krankenversicherung. Das englische Gesundheitssystem wird vom nationalen Gesundheitssystem (NHS) organisiert und gewährt zwar jedem Bürger einen freien Zugang zur medizinischen Versorgung. Jedoch kürzte das NHS die Budgets für die sog. ‚Gender Identity Services‘, sodass diese größtenteils nur noch von privaten Gender Identity Clinics (GICs) betrieben werden. Das können sich viele der britischen Trans-Personen nicht leisten.
Aber auch in Deutschland wird Crowdfunding als Finanzierungsoption immer beliebter. Zwar gibt es hier eine Krankenversicherungspflicht und grundsätzlich werden auch alle notwendigen Operationen für Transgender abgedeckt, aber erst nach Erfüllung der nötigen Anforderungen entsprechend der Richtlinien. Das heißt: mühsamer Papierkrieg, eine 18-monatige Therapie plus zwei psychologische Gutachten, die bestätigen, dass man für den geschlechtsangleichenden Eingriff stabil genug ist. Vor allem die beiden Gutachten gelten als ‚Eintrittskarte‘ zu den Operationen und genau für sie muss der Betroffene selbst aufkommen. 1200 Euro scheinen nichts im Vergleich zu den Kosten der späteren Operationen (die im fünfstelligen Bereich liegen), aber sind für einige dennoch viel Geld. Ein weiteres Problem ist, dass der Großteil die 18 verpflichtenden Therapie-Monate einfach nur ungeduldig absitzt, statt sich auf sie einzulassen. Oft haben die Betroffenen nämlich Angst, dass sich ihr Weg noch weiter verlängert, wenn sie in der Therapie zugeben, dass sie Angst oder Probleme haben oder unsicher sind. Einerseits stabil genug sein, um die Operation zu bekommen. Andererseits einen Leidensweg aufweisen. Eine anstrengende Gratwanderung. Operationen im Gesicht, z.B. eine Gesichtsfeminisierung, werden von der Krankenkasse übrigens nicht übernommen. Sie fallen unter die Kategorie der Schönheitseingriffe und werden daher als nicht zwingend notwendig betrachtet.
Menschen, die trans sind, werden in den meisten Gesundheitssystemen immer noch benachteiligt. Für viele von Ihnen ist die Option, sich ihre Geschlechtsumwandlung mittels Crowdfunding zu finanzieren, fundamental für ihr Leben.
Text: Aylin Yavuz
Bild: Unsplash