Wie das Ausnahmetalent bülow durch ihre vielen Umzüge während ihrer Kindheit zu einer besseren Songwriterin wurde.
bülow: “Musik ist meine Heimat.”
Mit nur 17 Jahren, knackte bülow mit „This Is Not A Lovesong“ über fünf Millionen Streams auf Spotify. Ein Song, der endlich mal die weibliche Sicht einer verkorksten Beziehung erzählt, in dem sich die Frau das Recht nimmt keine Beziehung zu wollen. Jetzt veröffentlicht sie ihre zweite E.P. „Two Punks in Love“; die erste Veröffentlichung, bei der sie sich keine Sorgen um Abschlussprüfungen machen muss. Während ihrer Kindheit zog das Ausnahmetalent viel um, lebte unter anderem in Deutschland, England und den USA. Wir haben bülow getroffen und mit ihr über den Einfluss dieser Orte zu sprechen, ihren Sound und ihre Pläne für die Zukunft.
Deine erste E.P. hast du auf Soundcloud veröffentlicht. Eine Plattform, die es praktisch jedem*r Musiker*in möglich macht seinen Sound zu veröffentlichen. Warum denkst du ist „This is Not A Lovesong“ unter all diesen Songs so erfolgreich geworden?
Durch Soundcloud wird Musik viel einfacher zugänglich. Jeder kann seine Musik mit der Welt teilen und das finde ich super. Ich glaube, wenn Leute den Refrain von „This Is Not A Lovesong“ hören, fühlen sie sich beflügelt. Der elektronische Beat ist Mainstream, aber durch die Lyrics bekommt der Song einen unkonventionellen Twist. Ich finde, dass viel zu oft die Seite der Frauen in so einer Liebesgeschichte nicht erzählt wird. Es geht immer nur um den Mann und, dass er keine Beziehung möchte. Aber ist das realistisch? Ich glaube nicht.
Was möchtest du mit deiner Musik anderen Leuten geben? Welche Gefühle willst du beim Zuhörer erzeugen?
Meine Lieder sollen dem Zuhörer Gefühle vermitteln, aber gleichzeitig will ich wie ein Puppenspieler mit ihnen spielen. Das heißt ich möchte jemanden, der zum Beispiel den schlimmsten Tag seines Lebens hatte, wieder Hoffnung geben. Ich möchte Gefühle mit meinen Liedern erzeugen, von denen sie noch nicht mal wussten, dass sie überhaupt in ihnen sind. Es ist sehr kraftvoll, wenn du weißt, dass deine Songs so etwas schaffen.
Deine neuer Song „Two Punks In Love“ ist im Gegensatz zu deiner ersten E.P. wesentlich verträumter und weniger elektronisch. Wie würdest du deine musikalische Entwicklung beschreiben?
Meine Musik hat sich über die Jahre sehr geändert, auch mein Sound hat eine große Entwicklung durchlebt. Die Anfänge meiner Musik klangen eigentlich genau so wie „Two Punks in Love“. Alle meine Lieder habe ich mit meiner Gitarre geschrieben. Also ist es so, als ob ich mit dem neuen Song zurück zu meinen Wurzeln kehre. Ich will nie vorhersehbar sein, sodass die Leute wissen was als nächstes kommt. Es ist langweilig, wenn du immer das veröffentlichst, was die Leute von dir erwarten. „Two Punks In Love“ ist das genaue Gegenteil von „This Is Not A Lovesong“. Als ich den Song geschrieben habe, wusste ich gar nicht, dass ich ihn veröffentlichen werde. Aber nachdem ich ihn mehrmals gehört habe, wollte ich nicht, dass ihn irgendjemand anderes singt.
Viele deiner Songs handeln von Liebe. Was inspiriert dich beim Schreiben deiner Texte?
Normalerweise sind es Dinge, die ich selbst erlebt habe, die ich in meinen Songs verarbeite, meine eigene Erfahrung. Aber das muss nicht immer so sein. Ich mag es Geschichten zu erzählen, mit denen ich mich identifizieren kann. Dafür muss ich nicht genau das erlebt haben, um meine eigene Bedeutung für die Geschichte zu finden.
Wer hat dich musikalisch und auch in sonstiger Hinsicht auf deinem Weg inspiriert?
Viele „bad ass“ Frauen, hatten einen Einfluss auf mich und meine Musik. Pink, Avril Lavigne oder Lilly Allen zum Beispiel. Sie haben alle diese „Don’t fuck with me“- Mentalität, die ich liebe. Aber auch Bob Marley war jemand, der schon sehr früh einen Einfluss auf mich hatte. Mein Vater hörte immer seine Lieder und wann immer ich sie jetzt höre, fühle ich mich ihm näher. In meinem nächsten Projekt werden auch ein paar Songs dabei sein, die diesen Reggae Grove haben.
Du bist viel umgezogen, hast in Deutschland, England, den USA und den Niederlanden gelebt. Welche Kultur, welcher Ort hat dich musikalisch am meisten geprägt?
Ich glaube alle diese Orte hatten einen Einfluss auf meine Musik, aber am meisten war es England. Ich war acht Jahre alt, als ich mich dort in meiner Musik wiedergefunden habe. Ich habe angefangen Gitarre zu spielen, bin auf der Straße aufgetreten, habe an Open Mic Nights teilgenommen und selbst Texte geschrieben. Danach war ich in Texas, wo ich eine viel schwierigere Zeit hatte. Ich brauchte viel länger um mich an die Kultur zu gewöhnen und war deshalb sehr unglücklich. Darum habe ich so viele Lieder von dieser Erfahrung geschrieben. Das hat mich am Ende zu einer viel besseren Songwriterin gemacht.
Wenn man so viel umzieht, was bedeutet einem dann Heimat?
Es ist wichtig einen Ort zu haben, wo man sich zu Hause fühlt, weil es dich auf dem Boden hält. Ich denke an Deutschland, besonders an Hamburg, wenn ich an zu Hause denke. Meine Großeltern leben auch hier und ich fühle mich dort sicher. Wenn sich Dinge andauernd um dich herum verändern, brauchst du eine Konstante auf die du dich beruhen kannst. Das war für mich immer die Musik. Auch wenn sich alles verändert hat, konnte ich auf sie zurückgreifen.
Für dein erstes Video hast du Berlin als Ort gewählt? Wieso?
Die Berliner Ästhetik und der künstlerische Vibe der Stadt hat sich sehr gut mit meiner Vorstellung von dem Video verknüpft. Ich wollte, dass es sich ganz natürlich und organisch anfühlt. Ich bin einfach mit meiner besten Freundin nach Berlin gekommen und die zwei amerikanischen Videographer haben uns eigentlich nur dabei gefilmt, wie wir eine richtig gute Zeit hatten.
Welcher Aspekt gefällt die am meisten am Musikerdasein?
Es ist ein bisschen von allem. Das Reisen ist ein Teil, den ich sehr mag. Ich bin schon daran gewöhnt so viel zu Reisen, also macht es das natürlich viel einfacher. Ich war am Anfang sehr sicher darin Texte zu schreiben und im Studio zu singen, also waren Liveshows eine große Herausforderung für mich. Ich habe aber gemerkt, dass es durch die Shows Momente gibt, die ich im Studio nie hätte. Bei der letzten Tour habe ich so viel über mich und meine Songs gelernt, weil man durch die Reaktion der Fans direkt merkt, was funktioniert und was nicht. Ich habe neue Dinge über meine Songs gelernt, die ich ohne diesen Austausch niemals erfahren hätte.
Du hast gerade erst die Schule abgeschlossen. Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Ich möchte einfach mehr Songs schreiben, mehr Musik veröffentlichen und Liveshows geben. Es ist das erste Mal, dass ich in Deutschland bin und versuche mich aktiv in die deutsche Kreativszene einzubringen. Außerdem bin ich sehr interessiert an der Modeindustrie und habe noch viele Pläne um mich auch dort einzubringen. Ich glaube die nächsten Wochen hier werden aufschlussreich sein und hoffentlich kann ich in Zukunft noch mehr Zeit hier verbringen.
Beitrag: Nadja von Bossel
Foto: Justin Alexis