Im Interview: Liam Hodges

vor 5 years

Futuristic Alpinlook- ellesse X Liam Hodges machen es möglich.

 

An einem sonnigen Freitag stellen ellesse X Liam Hodges die neue Kollektion in Berlin vor. Als Showroom diente das Gate und schon beim Betreten der Location staunte man nicht schlecht. Denn  mitten in den efeubepflanzten Wänden und minimalistischen Designs sitzt kein anderer als Liam Hodges. Der britische Designer und die italienische Sportswear Brand ellesse haben sich erstmals zusammengeschlossen und auf eine wunderbare Kollektion hingearbeitet.

Vom ellesse Wintersport-Archiv inspiriert, spielt die Kollektion mit alpinen Farben und geographischen Kartenumrissen und zeigt eine einzigartige Kombination von ellesse Heritage Skiwear Designs kombiniert mit Liam Hodges’ ausgezeichnetem futuristischen Stil. Zum Start der neuen Herbst/Winter Saison wird dann auch die AW19 Kampagne enthüllt. Um aber auch den futuristischen Look der Capsule Collection widerzuspiegeln, zeigt die Kampagne Weltraum-Motive in einer alpinen Kulisse und zelebriert damit das Kollektionsthema. Fräulein hatte die Ehre den Jungdesigner für einen kurzen Moment auf Seite zu nehmen und ihm einige Fragen zu stellen. Am Ende löst er auch das Geheimnis seines fehlenden Zahnes:

Fräulein: Liam schön dich in Berlin zu treffen. Wie ist es wieder hier zu sein?

Liam: Es fühlt sich unglaublich an! Immer wenn ich in Berlin bin, fühle ich wie der Stress abfällt. Es ist, als ob ich aus dem Flugzeug aussteige und alles einfach verfliegt.

Fräulein: Das sieht man, du genießt ja auch schon ein Bier.

Liam: Ja, wie gesagt ich bin im Urlaub hier. Auf dem Weg zu der Veranstaltung habe ich schon ein wenig Reggaeton gehört und nun trinke ich eben mein Bier. Es fühlt sich halt einfach nicht nach arbeiten an.

Fräulein: Oh Reggaeton! Wenn du Reggaeton liebst, dann musst du dir unbedingt Brazilian Funk reinziehen.

Liam: Wirklich? Was kannst du denn empfehlen? Jetzt führe ich ein Interview mit dir. (lacht)

Fräulein: Hör mal bei MC Kevinho rein oder alles Mögliche von dem Label Kondzilla. Aber jetzt erstmal zurück zum Thema bevor wir uns komplett in der Musik verlieren: Bis wann bleibst du denn in Berlin und was sind deine Pläne?

Liam: In Berlin bleibe ich voraussichtlich bis Sonntag und eigentlich habe ich nicht so viel geplant. Ich habe die letzten Tage viele meiner Freunde getroffen und werde die nächsten Tage eben mit diesen auch abhängen, schwimmen gehen und einfach meine Zeit mit ihnen genießen.

Fräulein: Wie cool! Berlin ist dir auch schon sehr gut bekannt, richtig? Vor einigen Jahren hattest du ja deine Kollektion Refining Content im Projektraum von Trust Ltd. hier in Berlin präsentiert.

Liam: Ja, richtig. Im Rahmen meiner Kollektion bin ich nach Berlin gekommen und habe diese in dem Projektraum des Coworking-Spaces‘ von Trust Ltd., welches Freunden von mir gehört, präsentiert. Ich war zu dem Zeitpunkt enorm gestresst und konnte eigentlich an nichts anderes denken als an die Kollektion und die Arbeit, aber irgendwie ist es dazu gekommen, das wir feiern gegangen sind und wir auf jeden Fall ein sehr spaßiges langes Wochenende hatten.

Fräulein: Hört sich auf jeden Fall nach einer guten Zeit an, aber lass uns mal mehr über dich reden, denn uns würde brennend interessieren, wie du eigentlich zum Modedesigner geworden bist. Was hat dich dazu inspiriert? Und wie kam es dazu, dass du ausschließlich Men’s Fashion kreierst?

Liam: Es gab zahlreiche Designer, so wie Walter Van Beirendonck, die mein Interesse geweckt haben. Aber wirklich umgehauen hat mich die Kollektion von Kim Jones und Umbro. Ich war so begeistert davon und der Stil gefiel mir so sehr, dass ich mir gedacht habe, dass ich selbst irgendwann mal Mode entwerfen möchte.

Fräulein: Wie stehst du zu der Schnelllebigkeit dieser Industrie? Können Modedesigner überhaupt noch überleben?

Liam: Meiner Meinung ist das eine berechtigte Frage, aber ich denke, dass mein Beruf auf jeden Fall weiterhin Zukunftsaussichten hat. Ich lese zurzeit ein Buch, das in einem Kapitel das Thema Beruf in den Fokus rückt. Es ist ein sehr interessantes und spannendes Kapitel, denn was der Autor schreibt, ist dass es nicht mehr den einen klassischen Beruf gibt. Menschen leben länger und alles verändert sich schneller. Wenn man ein Teil dieser Veränderung sein will, muss man mit dem Flow gehen. Nur so kann man seine Zukunft in eine positive Richtung gestalten. Das ist, meiner Meinung nach, die richtige Herangehensweise. Jeder sollte versuchen jeden Tag etwas zu lernen und dafür muss man mit offenen Augen durch die Welt zu laufen. Denn Inspiration findet sich in allem.

Klar, Mode ist wirklich sehr schnelllebig geworden und besonders für so eine kleine Marke wie meine, die nur einmal im Jahr launcht, ist es selbstverständlich schwieriger Präsenz zu zeigen. Denn im Gegenteil zu den großen Marken, die mehrere Male im Monat/Jahr verschiedene Kollektion oder Specials launchen, müssen wir mit anderen Methoden versuchen an den Kunden heranzukommen. Deswegen ist es für uns umso wichtiger innovative Ideen einzubringen und im engen Kontakt zu den Konsumenten zu stehen. Kurz, man muss ein Teil der Veränderungen sein.

Fräulein: Deswegen auch die Kollaboration mit ellesse? Um neue Ideen einzubringen?

Liam: Ja, genau. Ich denke, dass Kollaborationen neue Möglichkeiten eröffnen und den Menschen den Zugang zu einer Brand ermöglichen, bzw. erleichtern. Kollaborationen positionieren die Marke und machen diese auch interessant, da unübliche Verbindungen geschaffen werden und damit neue Ideen entstehen.

Fräulein: Wer hat die Zusammenarbeit angefragt? Und wie war die Zusammenarbeit?

Liam: ellesse kam zu mir und gab mir die Freiheiten, die ich gebraucht habe. Es lag mir sehr am Herzen diese Freiheiten wahrzunehmen. Zunächst habe ich in den Gesprächen mit ellesse versucht herauszufinden, was ich mit der Marke verbinde und was ich mit der Kollektion anstellen möchte. Kollaborationen müssen nämlich, meiner Meinung nach, für beide Seiten funktioniert. Das bedeutet, dass ich nicht einfach zu ellesse gehen wollte und meinen Namen auf einen schon da gewesenen Pullover verewigen wollte. Vielleicht wäre das eine Option gewesen, aber es hätte sich nicht richtig angefühlt und wäre einfach nur faul gewesen.

Da ellesse mir das Gefühl gegeben hat, dass sie meine Designs supporten und verstehen. durfte ich zahlreiche kleine Feinheiten einbauen: So durfte ich  beispielsweise das Logo mit einem Smiley verzieren. Dies hätten bestimmt nicht viele Brands genehmigt. Diese Art der Zusammenarbeit ermöglichte mir neue Ideen einzubringen und dem ellesse Look einen Touch von Liam Hodges mitzugeben.

Fräulein: Wo findest du deine Inspiration?  Ich meine bei deinen vorherigen Kollektionen hast du sehr unterschiedliche Looks gehabt und die einzelnen Kollektionen haben sich sehr voneinander unterschieden.

Liam: Ich kann es eigentlich nicht so genau sagen, denn eigentlich beeinflusst mich alles. Wenn ich ein Buch lese, wenn ich mich in einer Galerie umschaue, wenn ich Musik höre oder wenn ich einfach durch die Straßen laufe. Alles kann eine Inspiration für meine Kreationen sein. Für mich als Designer mit einer eigenen Marke ist es einfach nicht möglich nicht daran zu denken, deshalb laufe ich mit offenen Augen durch meine Welt.

Diese Offenheit und dieses Verständnis kann auch im Allgemeinen die Welt zu einem besseren Ort machen, denn wenn man sich mit verschiedenen Kulturen oder Musikrichtungen auseinandersetzt, kann man seine Perspektive weiten. Und eben diese Idee hatten wir auch für die Kollektion. Der Hauptgedanke war: “It’s for anyone but not for everyone.” Denn meine Klamotten sind eigentlich einfach zu tragen, aber dennoch braucht man ein gewisses Selbstbewusstsein und muss offen für neue Kombinationen sein.

Fräulein: Stichwort für Jeden: Kannst du dir vorstellen eine Fashion Line für Frauen zu designen?

Liam: Ich glaube heutzutage tragen viele Frauen Männermode und ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass ich sehr bald eine Kollektion für Frauen designen werde. Diesen Step haben wir längst überschritten, dass wir in Stereotypen denken. Außerdem wäre es für mich so ein großer Schritt ein Kleid oder Rock zu kreieren. Für mich steht es zurzeit außer Frage, aber vielleicht irgendwann mal, wer weiß?

Fräulein: Wie sieht mit deiner Mode aus und Nachhaltigkeit? Ist Nachhaltigkeit auch ein wichtiges Thema für dich und deine Brand?

Liam: Das ist so ein wichtiges Thema und wir versuchen an dem Thema zu arbeiten mit verschiedenen Projekten. Es ist wichtig, besonders in der Modeindustrie, dass ein globaler Austausch stattfindet, denn nicht nur eine Marke sollte dieses Problem thematisieren.

Ich und meine Brand haben schon zahlreiche nachhaltige Projekte gestartet, die eben dieses Thema zentralisiert. So haben wir mit reworked Stoffen gearbeitet oder wir haben einen Pop-Up Store in London eröffnet, bei dem wir alte T-Shirts verarbeitet und mit verschiedenen Prints versehen haben. Ich glaube mit solchen Aktionen geht man in die richtige Richtung. Dennoch muss ich sagen, dass es leider keine einfache Antwort auf diese Frage gibt, aber wir versuchen zumindest Schritt für Schritt in die grüne Richtung zu gehen.

Außerdem ist es notwendig, dass wir nicht überproduzieren, denn die wesentliche Frage ist, wie viele neue Sachen brauchen wir wirklich? Wir müssen versuchen irgendwie einen Weg zu finden diesen Überkonsum und die Überproduktion zu stoppen, Was ich dennoch zu meiner Marke hinzufügen möchte, ist dass es sich dabei um keine Wegwerfartikel handelt, sondern dass Klamottenliebhaber meine Designs kaufen. In meinem Fall spreche also Menschen an, die bewusst meine Klamotten kaufen und tragen. Diesen bewussten Umgang mit Fashion beobachte ich besonders bei den Männern in der Modeindustrie. Denn hier haben Klamotten einen anderen Stellenwert. Es besteht nämlich ein großer Resellmarkt und oftmals sind die Klamotten gebraucht sogar teurer.

Fräulein: Was hast du dir für die Zukunft vorgenommen?

Liam: Eigentlich plane ich mein Leben nicht und so genau kann ich es nicht sagen, wie mein weiterer Lebensweg aussehen wird. Jedoch fällt mir zu dem Thema eine Erinnerung aus Tokio ein. Denn vor einigen Jahren war ich auf der Undercover-Ausstellung. Die Ausstellung und die Marke haben mich wirklich sehr fasziniert. Die Brand von Jun Takahashi ist nach Jahren immer noch ein wesentlicher Bestandteil in der Fashionbranche und zählt zahlreiche Stores in Japan.

Es wäre also schön in einigen Jahren immer noch als Marke zu bestehen und meiner Tätigkeit als Designer weiterhin nachzugehen. Besonders wichtig ist mir jedoch auch, dass mein Team happy ist, meine Kunden und alle die mit mir zusammenarbeiten.

Nach dem Interview verriet Liam uns auch noch das große Geheimnis um seinen fehlenden Zahn. Das geschah nämlich vor einigen Jahren bei einem Fahrradunfall, bei dem er betrunken vom Drahtesel stürzte und seinen Zahn dabei verlor.

Interview: Emiliya Daud

Bilder:PR

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