Margo Hayes und ihr archetypischer Kampf nach oben

vor 6 years

Kletterer verbildlichen den archetypischsten Kampf zum Erfolg: aufsteigen, fallen, Mut sammeln, weiter. An einer Spitze anzukommen heißt nur, nach einem kurzen Siegesmoment, vor der nächsten zu stehen – die junge, US-amerikanische Boulderin Margo Hayes ist ein Paradebeispiel dafür.

Mit der im spanischen Siurana gelegenen „La Rambla“ erklomm Margo Hayes im Februar 2017 als erste Frau eine 9a+ Route. Das Foto, das ihr damaliger Trainer Matty Hong auf Instagram postete, spricht für sich: nicht nur voller Stärke, sondern auch voller Verletzlichkeit strahlt Hayes mit geradezu ungläubigen Augen. Nur sieben Monate später folgte nach hartem Training – festgehalten in einem Kurzfilm, zu dem man ihre Bescheidenheit erst überreden musste – mit „Biographie/Realization“ in Céüse die zweite, fast vertikale Route des selben Schwierigkeitsgrads, deren Besteigung erst 13 Menschen vor ihr gelang.

Woraus die 20-jährige ihre ungeheure Kraft und Ausdauer bezieht? Neben Serena Williams und Lindsey Vonn zitiert Hayes vor allem ihre Mutter, eine “Alleskönnerin”, als Vorbild und Quelle ihres Optimismus: Schullehrerin, Gärtnerin und nicht zuletzt ehemalige Kletterin. Der Extremsport wurde ihr damit wohl in die Wiege gelegt – bis heute ist Hayes Vater professioneller Kletterer und verbrachte bereits während seiner Unizeiten viele Wochenenden an den steilen Wänden des Yosemite-Nationalparks.

Hayes’ Leidenschaft und Ehrgeiz zeichneten sich schließlich schon im frühen Alter in den Trainingshallen ab, sodass etwa ihre erste Betreuerin sich lebhaft daran erinnert, wie die 10-jährige Hayes verkündete, irgendwann an den Olympischen Spielen teilnehmen zu wollen. Die junge Athletin aus Colorado sei ihre größte Herausforderung überhaupt gewesen: „Wenn du die Messlatte nicht so hoch hältst wie sie, kommst du nicht mit Margo weiter.“ In ihrem Zimmer hat Hayes seit jeher Checklisten mit ihren nächsten Zielen an den Wänden kleben.

It's important that my goals are big and really inspirational. I look at the process and promise myself I'm going to enjoy it.

Ihre unerschöpfliche Energie und Furchtlosigkeit führte damit zwar zu schnellen Erfolgen, aber nicht zuletzt auch vielen Verletzungen: sieben Knochenbrüche zählt sie, Zehen ausgenommen. Oft wird von ihrer Entschlossenheit berichtet, nach Fällen schnell wieder den nächsten Versuch zu starten. Sie weiß, dass im “summit fever” – dem fieberhaften Wunsch, die Spitze zu erobern – schnell der Fokus verloren gehen kann und betont daher, dass nicht der Spitze oder Höhe, sondern jedem einzelnen Schritt ihre höchste Aufmerksamkeit gilt.

Lange war sie abseits des Radars; die zunehmende Aufmerksamkeit hat sie sich nun mehr als verdient. In ihrem eigenen Blickfeld liegt seit geraumer Zeit übrigens ein wissenschaftliches Studium: in Meeresbiologie oder Medizin, vielleicht in Kombination mit Bildender Kunst – eine neue Spitze, die sie mit einem solchen Ethos zweifellos meistern wird.

 

Mehr Infos zu Hayes und der Kampagne #shemovesmountains auf thenorthface.de

 

Text: Dieu Linh Nguyen Xuan

Bilder: PR

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