Talent: Joy Lewis

vor 8 years

Wild at heart: Joy Lewis ist eine Bikerin.  Sie gehört zu einer kleinen und doch wachsenden Gruppe von Frauen im männerdominierten Motorsport, mit einem Selbstbewusstsein, das elektrisiert.

Joy Lewis ist all das, was man sich unter dem Biker-Stereotyp nicht vorstellt, und doch steigt sie mit einer Souveränität und faszinierenden Leidenschaft aufs Motorrad. Sie wirbt für Schutzkleidung, die speziell für Frauen designt und entwickelt wurde, und nimmt an den Babes Ride Outs teil. Das ist eine Veranstaltung, bei der sich Motorradfahrerinnen treffen, um sich auszutauschen, gegenseitig zu unterstützen und sich verstärkt für die Teilnahme von Frauen in der Motorsportwelt auszusprechen. Die blonde, zierlich und stets dynamisch wirkende Joy lebt für das Rennfahren. Eine ebenso große Leidenschaft pflegt sie für meilenweite Trips durch die USA. Im Interview mit Fräulein erzählte sie uns was es bedeutet sich als Frau in einer scheinbar noch immer männerdominierten Welt durchzusetzen.

Wenn Du dich jemandem vorstellen müsstest, was sollten andere Menschen über dich erfahren?
Joy Lewis:
Ich denke, ich müsste ihnen gar nichts erzählen. Wenn sie Zeit mit mir verbringen, finden sie es selbst ziemlich schnell heraus.

Die Motorradszene ist eine noch immer sehr männerdominierte Welt. Ist es schwer als Frau dieser Szene akzeptiert zu werden? Würdest du sagen, dass sich die Dynamik innerhalb dieser Subkultur mittlerweile verändert hat?
Vergleicht man das Motorradfahren mit anderen Sportarten, dann stellt man fest, dass es bei uns noch sehr tolerant zugeht. Frauen durften zum Beispiel  schon immer gleichgestellt neben Männern an Rennen teilnehmen und hatten keine eigenen Leistungsklassen. Ich glaube, das größte Limit setzen wir uns selbst, wenn wir das Motorradfahren als „Männerding“ bezeichnen. Kurz gesagt: Nein, ich hatte nie Schwierigkeiten damit auf zwei Rädern akzeptiert zu werden. Trotzdem sind die Leute immer überrascht, wenn man als Frau sein Bein übers Bike schwingt – allerdings nur so lange, bis man sie eines Besseren belehrt. Ich für meinen Teil empfinde das als Herausforderung und beweise ihnen gerne das Gegenteil. In den letzten Jahren haben in meinem Umfeld immer mehr Mädels angefangen Motorrad zu fahren.

Denkst du, es würde die Motorradwelt verändern, wenn mehr Frauen aktiv dabei wären?
Ich stelle mir gerne vor,  gäbe es mehr Frauen in der Szene, dann würde die Nachfrage mehr anerkannt werden und es gäbe mehr Optionen an Bikes und Ausrüstungen, die speziell für uns entwickelt würden. Bisher sind die Optionen sehr begrenzt und eine Auswahl an Bikes gibt es kaum. Anfängerbikes werden als „Frauenbikes“ verkauft. Aber Anfänger und Frauen sind lange nicht gleichzustellen.

Du hattest dieses Jahr einen schweren Unfall. Ist dir je der Gedanke gekommen, mit dem Motorradfahren aufzuhören?
Nicht einmal eine einzige Sekunde. Als sie mir in der Notaufnahme sagten, dass ich mich vielleicht nie wieder völlig regenerieren würde und die Beweglichkeit in meinem linken Knöchel verlieren könnte, drehte ich mich zu meinem Mann und sagte: „Alle meine Rennmotorräder haben die Kupplung auf der rechten Seite, kannst du das bei den anderen umbauen?“. Monate später, als es meinem Kopf besser ging, ich aber immer noch nicht laufen konnte, trug er mich immer zu meinen Bikes, so dass ich es fahren konnte. Viele sagen mir, es wäre verrückt, dass ich noch auf ein Motorrad steige. Für mich stand das nie zur Debatte. Wenn ich auf dem Motorrad sitze, fühlt es sich so an, als wäre nie etwas passiert. Erst wenn ich absteige und die Krücken in die Hand nehme, fällt es mir wieder ein.

Hat der Unfall deinen Fahrstil verändert?
Das würde ich so nicht sagen, aber bis vor kurzem konnte ich eben nur mit der Kupplung auf der rechten Seite fahren. Jetzt wechsle ich langsam wieder zurück zur Kupplung links und ich merke, dass ich mich beim Kuppeln mehr konzentrieren und noch mehr Feingefühl entwickeln muss. Ich bin in meiner Mobilität noch sehr eingeschränkt. Mein Bewusstsein dafür, wie wichtig die richtige Schutzkleidung ist, ist noch größer geworden. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Schutzkleidung, das ich auch vor meinem Unfall hatte, hat mich vor einer Menge extra Schmerzen bewahrt.

Welches war der beste Trip, den du jemals unternommen hast?
Ich war schon auf vielen tollen Trips, da ist es schwer sich auf einen festzulegen. An einen aber erinnere ich mich besonders gerne: Vor ein paar Jahren wollten mein Vater und ich eigentlich nur zur Surgis Ralley fahren. Die Reise entwickelte sich dann zu fast einem ganzen Monat auf der Straße. Alte und neue Freunde haben uns dabei begleitet Jeder Tag war ein Abenteuer, denn wir hatten keine konkrete Route vor Augen. Wir fuhren fast 6000 Meilen, mieden die Freeways, schwammen in Flüssen und schliefen jede Nacht auf dem Boden unter unseren Bikes.

Was ist deine absolute Traum Route?
Nach so vielen tollen Trips ist es schwer sich eine Traumstrecke vorzustellen. Ich wollte schon immer von Südkalifornien, wo ich heute lebe, nach Alaska fahren, meiner Heimat.

Wie viele Motorräder hast du und welches ist dein Favorit?
Ich versuche nicht nachzuzählen, weil es langsam wirklich lächerliche Ausmaße annimmt. Trotzdem könnte ich immer noch ein weiteres Modell gebrauchen. Mein Mann und ich besitzen zusammen eine ganz schöne Menge. Es ist von vielen Herstellern aus fast allen Jahrzehnten und von allen Typen etwas dabei. Hinzukommen ein paar Nachbauten, weil wir manchmal einfach passende Bikes fahren wollen. Im Moment übe ich das Kuppeln mit meinem verletzten Fuß. Dafür ist die 84 BMW R80G/S PD perfekt.

Was fasziniert dich an Vintage-Bikes besonders?
Ich besitze mehr Vintage Bikes und ich fahre sie auch regelmäßiger, aber die längeren Strecken habe ich auf modernen Maschinen zurückgelegt. Ich finde Vintage-Bikes sind ästhetischer, haben mehr Charme und es hat auch etwas, ein Motorraderennen mit einem Bike zu fahren, das schon seit 50 Jahren auf der Straße ist, und noch viele Runden vor sich hat. Mein Mann arbeitet mit Motorrädern und so habe ich viel darüber gelernt, wie sie funktionieren. Vor allem mag ich die schlichte Funktionalität. Auf der anderen Seite liebe ich die Technik von neuen Modellen. Man kann sie an einen Laptop anschließen und mit einer Software reparieren, wenn es mal Probleme gibt. In letzter Zeit hat mich die Heritage Linie von BMW begeistert. Die R9T Reihe verwendet den vor fast 100 Jahren entwickelten „Boxer“ Motor und  ist somit eine Hommage an ihre Herkunft. Für mich ist das die perfekte Kombination aus klassischem Style und zuverlässiger, moderner Technologie.

Was machst du, wenn du nicht Motorrad fährst?
Arbeiten! Oder schlafen. Und ich backe sehr gerne – tatsächlich ist mein Instagram Name, „mouthfulofjoy“, aus der Überlegung heraus entstanden, wie ich meine eigene Bäckerei nennen würde. Außerdem campe ich sehr gerne und hoffe, dass ich wieder surfen kann, wenn meine Verletzungen verheilt sind. Seit dem Unfall habe ich außerdem einen alten Pick-Up restauriert. In der Notaufnahme, nach meinem Unfall, habe ich meinem Mann einen Heiratsantrag gemacht und ihn dann schnell geheiratet. Am liebsten verbringe ich Zeit mit ihm und seinen Kindern.

Beitrag: Laura Greiff
Bilder: PR

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